Wer Mitarbeiter begeistern will, muss für Struktur sorgen
Nachwuchssicherung als Chefsache
Nachwuchssicherung als Chefsache
Das Nachwuchsproblem und der Fachkräftemangel sind oft hausgemacht. Dieser Ansicht ist Thomas Pütter, Experte für Mitarbeiterbegeisterung. Um als Arbeitgeber attraktiv zu sein, müssen die Unternehmenskultur und der Führungsstil auf den Prüfstand.
Die demografische Entwicklung und das Image der Branche macht es Gastronomiebetrieben zunehmend schwer, Mitarbeiter zu finden. Ob Restaurant oder Gemeinschaftsgastronomie – längst können nicht mehr alle Ausbildungsplätze besetzt werden. Gleichzeitig sind immer weniger Betriebe bereit, überhaupt auszubilden. Das Nachwuchsproblem wird offenkundig und brennt zunehmend unter den Nägeln. Ein Punkt, bei dem sich Thomas Pütter, Mitinhaber von Eulzer &
Pütter, einer Agentur für Unternehmensentwicklung in Trier, schnell ereifern kann. „Auch im Unternehmen gilt das Gesetz der Ernte. Ein Landwirt, der den Boden nicht bestellt und sich im Herbst über die ausbleibende Ernte beschwert, wird wenig Verständnis erwarten können. Der Gastronom dagegen klagt und erwartet Mitleid.“
In die Zukunft gerichtetes Handeln ist notwendig, um sowohl zukünftige Mitarbeiter für das eigene Unternehmen zu interessieren, als auch Personal zu halten – sprich Kündigungen zu verhindern. Viel zu wenig Unternehmen machen sich Gedanken, wie sie sich als attraktive Arbeitgeber präsentieren können und wundern sich anschließend über die Auszubildenden, die sich bei ihnen melden. „Jedes Unternehmen bekomm die Azubis, die es verdient – und oft eben auch gar keine“, sagt Thomas Pütter. Nachwuchssicherung sei Chefsache.
Wertewandel und Sinnsuche
Bei der Suche nach Auszubildenden und nach Fachkräften sollten zunächst Überlegungen angestellt werde, welchen Sinn und welche Werte Menschen in ihrer Arbeit suchen. Das Stichwort „Work-Life-Balance“ macht schnell klar, dass diese Werte einem starken Wandel unterworfen sind. So unterscheiden sich Angehörige älterer Generation von der Generation Y (20 bis 30jährige) oder gar der Generation Z in ihren Erwartungen. Diese Auszubildenden von morgen seien von ihren Helicopter-Eltern geprägt und völlig unselbstständig. Wenn sie im Betrieb Verantwortung übernehmen müssen, sind Probleme vorprogrammiert. Diesen Umstand können man bedauern oder als Unternehmer über andere Ausbildungsstrukturen und einen neuen Führungsstil nachdenken, erklärt Pütter. Daher müsse die eigene Unternehmenskultur auf den Prüfstand.
Für Mitarbeiter wird zunehmend die Unternehmenskultur entscheidend, wo sie arbeiten möchten. Immaterielle Unternehmenswerte, also gelebte Werte, Kultur und der Geist, der im Unternehmen herrscht, bestimmen heute den Marktwert und die Attraktivität als Arbeitgeber. Wie aber lassen sich Mitarbeiter motivieren? Über das Gehalt, Überstundenregelungen, individuelle Arbeitszeiten, die Team-Verpflegung, Betriebsfeiern oder ein Firmenauto – Thomas Pütter nennt dies die Hygienefaktoren – lässt sich allenfalls ein „nicht unzufrieden“ im Unternehmen herstellen. Der Weg zu motivierten oder zufriedenen Mitarbeitern führe über starke Motivatoren. Was aber sind solche starken Motivatoren?
Wo Mitarbeiter mitdenken, steigt die Motivation
Um an seinem Arbeitsplatz erfolgreich zu sein, ist eine Zielsetzung notwendig. Nur wenn Klarheit über das Ziel herrscht und die zur Erreichung notwendigen Strukturen vorhanden sind, können Mitarbeiter Verantwortung für das eigene Handeln übernehmen und sind engagiert. Thomas Pütter erlebt in seiner Praxis häufig, dass das Fundament, wie er es nennt, in vielen Unternehmen aus Gastronomie und Catering nicht gegeben ist. Oft fehle ein definiertes Organigramm für jeden einzelnen Bereich. „Hierarchie schafft Klarheit“ macht Pütter deutlich. Mitarbeiter benötigen Orientierung und klar umrissene Verantwortungsbereiche. Wer es schafft, diese Verantwortungsbereiche gemeinsam mit den Mitarbeitern festzulegen, hat bereits den Grundstein zur Identifikation mit dem Unternehmen gelegt. Um die Mitarbeiter einzubinden, eignen sich Workshops, an denen alle, auch Auszubildende teilnehmen sollten. „Wer sich seinen eigenen Verantwortungsbereich mit planen kann, handelt eigenständiger und darum auch motivierter“, sagt Pütter. Professionell geplant und durchgeführt können auch normalerweise eher unbeliebte Meetings wie die Jahreszielplanung zum größten Mitarbeiter-Magneten werden. Bereits Auszubildende profitieren von der Transparenz der Kennzahlen und übernehmen Verantwortung. Überall da, wo Mitarbeiter mitdenken, steigt die Motivation.
„Lassen Sie die Azubis in den sozialen Medien posten, dass sie bei Budget-Workshops dabei sind“, sagt der Unternehmensberater. Die Anerkennung in der Berufsschule, in einem coolen Betrieb zu arbeiten, ist den Jugendlichen dann sicher. Der Stolz auf den eigenen Arbeitsplatz steigt. Gezieltes Mitarbeiter-Marketing stellt sicher, die Aktivitäten und Verantwortungen der Menschen im Unternehmen auch zu zeigen. Thomas Pütter appelliert an Führungskräfte: „Zeigen Sie das Engagement Ihrer Mitarbeiter! Auf Prospekten, Flyern, der Homepage oder Pinnwänden im Haus lassen sich in Bild und Text Aktionen, Workshops, Wettbewerbe und vieles mehr darstellen.
Anforderungen an den Unternehmer steigen
Wer als Führungskraft an der Motivation seiner Mitarbeiter, der Arbeitsauffassung der Azubis, der Stimmung im Betrieb ansetzen will, muss an erster Stelle das eigene Tun und den Führungsstil kritisch unter die Lupe nehmen. Führungskräften sollte bewusst sein, wann sie in welchen Rollen unterwegs sind. Sie sind gleichzeitig Fachkräfte, Manager und Unternehmer. Thomas Pütter zeigt dabei ein Problem auf: „Alle Rollen entwerten sich gegenseitig. Daher müssen Zeiträume für die jeweilige Rolle mit einer prozentualen Verteilung festgelegt werden“. Vielen Führungskräften wird erst in einem Coaching klar, welche Rolle sie überwiegend ausführen wollen. Danach richtet sich schließlich auch der eventuelle Schulungs- und Weiterbildungsbedarf für Führungskräfte. Das für einen modernen Führungsstil notwendige Handwerkszeug wie systemische Frage- und Gesprächstechniken oder Tools für eine neue Meetingkultur fällt nicht vom Himmel. Wer als Unternehmen begeisterte und motivierte Mitarbeiter gewinnen und halten will, muss zunächst in die eigene Entwicklung investieren.
Quelle: Catering Management / Ausgabe 12_2017/ von Ulrike Grohmann