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So führen Sie mit systemischen Fragen

Wieso, weshalb, warum? Wer nicht fragt, bleibt dumm. Na, kennen Sie dieses Lied und Motto noch aus Ihrer Kindheit? Schon damals wusste die Sesamstraße, wie man durchs Leben kommt. Okay, das ist jetzt vielleicht etwas hochgegriffen, aber Fragen zu stellen ist nach wie vor essenziell, um Fortschritte zu erzielen. Das gilt vor allem im Berufsleben, insbesondere für Führungskräfte. Systemische Fragen lautet hier das Zauberwort. Wieso, weshalb, warum das so ist? Das erfahren Sie in diesem Beitrag.

Wie Sie mit systemischen Fragen besser führen

Ihr Weltbild entscheidet über Ihren Erfolg

Aus welcher Weltanschauung heraus agieren Sie? Sind Sie eher der systemische oder der mechanistische Typ? Zur Orientierung kommen hier die wichtigsten Charakteristika:

  • Das mechanistische Weltbild gleicht einer Verkehrsampel. Dinge sind entweder rot oder grün bzw. falsch oder richtig. Eine mechanistisch-denkende Führungskraft gibt Anordnungen und erwartet dann einen linearen Fortschritt. Läuft etwas nicht wie geplant, so ist der Blick der Führungskraft weniger auf Zusammenhänge und Wechselwirkung gerichtet, sondern mehr auf die Ursachen eines Problems. Für diese hat sie fertige Antworten parat, ganz nach dem Motto: „So sehe ich es, also ist es auch so“. Systemische Fragen haben im mechanistischen Weltbild keinen Platz.
  • Das systemische Weltbild gleicht einem Kreisverkehr. Vorherrschend ist eine Sowohl-als-auch-Denke. Eine systemische Führungskraft denkt zirkulär und in Wechselwirkungen. Sie versucht, die Welt als großes Ganzes zu erfassen und Zusammenhänge zu erkennen. Neue Perspektiven zu finden ist ihr wichtig. Und dafür nutzt sie gerne systemische Fragen.

„Die Führungskraft der Zukunft richtet ihren Blick auf Zusammenhänge und Wechselwirkungen.“

Sie haben sich in einer der beiden Weltanschauungen wiedergefunden? Herzlichen Glückwunsch – wenn es der systemische Typ ist. Denn das mechanistische Ursache-Wirkungs-Prinzip funktioniert in unserer komplexen Arbeitswelt nicht mehr. Zukunftsfähige Unternehmen sind keine Hierarchie-Pyramiden, sondern ein Netzwerk, in dem alle - von Unternehmensleitung und Gesellschaftern über Mitarbeiter bis hin zu Kunden und Lieferanten - ein dynamisches System bilden. Damit dieses lebendig bleibt, sind systemische Fragen unerlässlich.

Systemische Fragen – was ist das überhaupt?

Im Prinzip kann man sich ein Unternehmen wie ein Mobile vorstellen: Stupst man es an einer Ecke an, wackelt es direkt an mehreren. Man weiß dabei weder an welcher Stelle genau es wackeln wird, noch an wie vielen Stellen. Ebenso ist es nicht vorhersehbar, wie lange das Mobile braucht, um wieder in Balance zu kommen. Es wirkt der systemische Grundsatz: Jeder Impuls verändert das ganze System.

Die Aufgabe einer Führungskraft ist es, bei auftretenden „Wackelkontakten“, also Problemen oder Konflikten, dafür zu sorgen, die verschiedenen Sichtweisen der Teammitglieder herauszuarbeiten, zu differenzieren und klar zu formulieren. Systemische Fragen helfen hier dabei, dass die Mitarbeiter Distanz zum eigentlichen Problem bekommen und sozusagen emotional Abstand bekommen. Denn systemische Fragen sind nie suggestiv und suchen – im Gegensatz zum Wieso-weshalb-warum-Klassiker – keinen Schuldigen.

So lösen Sie Probleme ohne Sündenbock

Ja, natürlich ist es einfacher, sich mit Problemen abzufinden, wenn man sie jemand anderem in die Schuhe schieben kann. Aber leider sind sie dann wirklich nur weggeschoben und nicht gelöst. Systemische Fragen sorgen dafür, dass es keinen Sündenbock gibt, sondern dass alle an einem Problem beteiligten Gesprächspartner ihre eingefahrenen Denkbahnen verlassen. Ziel ist es, bewusst offroad zu fahren, um neue Perspektiven zu finden. Denn neue Sichtweisen führen zu neuen Lösungen.

„Systemische Fragen sind nie suggestiv und suchen keinen Schuldigen!“

Die Herausforderung? Manche Mitarbeiter wollen sich nicht auf für sie ungewohntes Terrain begeben. Sie halten ihren eigenen Vorschlag immer für den besten und treten so dominant auf, dass andere kaum eine Chance haben. Und auch diese anderen können zum Problem werden. Denn wer mit seiner Meinung nicht herausrückt, trägt genauso wenig zur Problemlösung bei. Dann ist es Zeit für die Geheimwaffe – Überraschung: systemische Fragen.

Richtig fragen: Die Top 5!

Klar ist, fragen will gelernt sein und systemische Fragen richtig zu stellen, gehört zu den Königsdisziplinen einer Führungskraft. Wie Sie das lernen? Indem Sie üben. Dafür müssen Sie keine hundert Fragen kennen, sondern einfach nur das folgende Einmaleins:

1. Skalen-Fragen

Die Skalen-Frage hilft, Probleme in das richtige Verhältnis zu setzen.

  • Anlass: Bei schwammigen, widersprüchlichen Aussagen und Einschätzungen oder gefühlter Überforderung.
  • Ziel: Sich festlegen und Position beziehen, sich auf das Wesentliche konzentrieren und nach dem Unterschied fragen.
  • Beispielfragen: Stellen Sie sich eine Skala von 0 bis 10 vor, wobei 0 „unbeherrschbar“ bedeutet und 10 „Ich habe eine Lösung gefunden“. Wo stehen Sie jetzt? Wo auf dieser Skala möchten Sie unbedingt hin? Was bräuchten Sie, um auf 12 zu kommen?

2. Zirkuläre Fragen

Die zirkuläre Frage hilft, die Aufmerksamkeit auf die Wahrnehmung des anderen zu legen und neue Perspektiven einzunehmen.

  • Anlass: Wenn jemand nur seine eigene Perspektive wahrnimmt, bei Denkblockaden und Konflikten im Team.
  • Ziel: Unterschiedliche Wahrnehmungen in der gleichen Situation transparent machen und ganz neue Ideen ins Spiel bringen.
  • Beispielfragen: Wie würde sich die Situation aus Sicht der Kolleg(inn)en der anderen Abteilung darstellen? Wenn Sie zwei Menschen in diesen Raum beamen könnten, die Ihnen in dieser Situation am besten helfen würden, wer wäre das?

3. Hypothetische Fragen

  • Anlass: Ein Mitarbeiter, der in einem Problem feststeckt oder bei sehr rationalen Menschen, deren Kreativität angekurbelt werden muss.
  • Ziel: Türöffner für viele neue Ansätze und Szenarien, Ausschalter von Bedenken und Zweifeln.
  • Beispielfragen: Angenommen, Ihr Problem hätte sich gelöst, was wäre dann anders? Stellen Sie sich vor, Sie hätten ein unbegrenztes Budget. Wie würden Sie das Projekt dann angehen?

4. Lösungsorientierte Fragen

  • Anlass: Ein Mitarbeiter steckt in der Problemtrance oder eine Diskussion dreht sich nur um Defizite.
  • Ziel: Suche nach Ausnahmen zum Problemzustand, Suche nach Best Practice, Fokus auf mögliche vorhandene Lösungen
  • Beispielfragen: Wann lief oder läuft es gut? Woran würden Sie merken, dass Sie Ihr Ziel erreicht haben? Was ist für einen reibungslosen Ablauf nötig? Welche Ihrer Fähigkeiten kann Sie dabei unterstützen?

5. Paradoxe Fragen

Achtung: Die Wirkung einer paradoxen Frage kann nur eintreten, wenn man sich auf die Fragen einlässt! Schmunzeln ist erlaubt, ernsthaftes Arbeiten erwünscht.

  • Anlass: Auflockerung in erstarrten Situationen, Einordnung von Problemen.
  • Ziel: Irritation erzeugen, um die Kreativität anzuregen, neue Handlungsoptionen erkennen.
  • Beispielfragen: Was müssen Sie tun, damit das Projekt noch schlimmer wird? Wie können Sie das Projekt völlig zum Scheitern bringen?

Sie sehen, systemische Fragen sind super, um eingerostete Denkmuster zu verlassen und den Putz der alten Hierarchien zum Bröckeln zu bringen. Aber Vorsicht: Wer mit systemischen Fragen führen will, muss seine Mitarbeiter darauf vorbereiten. Kündigen Sie deswegen in Gesprächen und Meetings an, dass Sie ganz bewusst Fragen stellen werden, die zum Nachdenken anregen.

Sie haben Angst, dass es nicht sofort funktioniert? Keine Panik. Es braucht Zeit, zarte Trampelpfade zu neuen Wegen zu machen. Und genau diese Zeit sollten Sie sich und Ihren Mitarbeitern geben. Und bis das so weit ist, machen Sie am besten eines: ganz genau zuhören!

von Thomas Pütter


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